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Dietmar Hübner:
Der
graue Clown
Wenn sich der Tag am Ende knarrend silbert
Und Schlamm zu schwarzgekörntem Blattgold starrt,
Wird leis die Tür zum Wintergarten aufgesperrt,
Und Wollkleidschritte ziehen ihre Bahnen
Durch satte Beete, biegen Blätter, Zweige.
Ein grauer Clown steht draußen vor der Scheibe,
Die Nase dampfend an das Glas gedrückt,
Und seine Lippen sprechen stumm, man liest es, noch.
Da öffnet sich die dornberankte Pforte,
Er klopft den Firn von seinen schweren Schuhn
Und trottet über einen bleichgelebten Flur
Bis in die Halle mit dem Eichentisch,
Den Kandelabern und dem Eisenkessel.
Der graue Clown stürzt Fleisch in seine Schüssel,
Die Nase schniefend überm Dampf der Töpfe.
Die Dame fragt, wie’s schmeckt, er kaut und murmelt,
noch.
Bis in den späten Abend sitzen sie
Beim Weine stumm einander gegenüber.
Dann spricht sie zu dem blassen Tischgenossen, schau,
Die Augen sind mir groß wie Winteräpfel;
Ich kann sie kaum mehr schließen vor der Sonne.
Der graue Clown tritt hin zu ihr. Er hebt
Die Dame sacht auf seine weichen Arme
Und trägt sie durch die Treppen unters Dach hinauf.
An ihrem Bette hockt und liest er bis zum Morgen.
Sie lauscht und regt sich manchmal leise atmend, noch.
(Muschelhaufen 2004)
© Dietmar Hübner
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